Der Ysop ist ein Halbstrauch mit bis zu 70 cm hohen, mehr oder weniger verzweigten und an der Basis verholzten Trieben. Die länglichen, häufig sitzenden Blätter sind gegenständig angeordnet und dicht mit Öldrüsen besetzt. Ab Juli erscheinen in den Achseln der Tragblätter an der Sproßspitze violettblaue (seltener rosa oder weiße) Lippenblüten, die einen ährenartigen Blütenstand (Scheinähre) bilden. Die ganze Pflanze verströmt einen stark aromatischen Duft und lockt zahlreiche Insekten an.
Die Lippenblütler sind eine große Pflanzenfamilie mit rund 3.000 Arten, die zumeist Kräuter und Halbsträucher umfaßt. Hierzu gehören außer dem Ysop noch zahlreiche weitere Nutz-, Gewürz-, Heil- und Zierpflanzen, z. B. Salbei (Salvia), Minze (Mentha), Dost (Origanum), Lavendel (Lavandula), Thymian (Thymus), Buntnessel (Coleus) oder Harfenstrauch (Plectranthus).
Der Ysop ist in Südeuropa, Marokko, Algerien und Kleinasien heimisch. Im 9. und 10. Jahrhundert gelangte er durch Mönche über die Alpen nach Mitteleuropa und verbreitete sich auch in Osteuropa. Sein Vorkommen im Freiland beschränkt sich hier auf geschützte Lagen in wärmeren Gebieten.
Die relativ anspruchslose Pflanze bevorzugt trockene, kalkhaltige Böden in sonniger Lage und wächst häufig an Felsen und Mauern. In Gärten dient sie nicht allein als wertvolle Gewürz-, Heil- und Zierpflanze, sonder auch als Bienenweide.
Kultiviert wird Ysop im Mittelmeergebiet (Spanien, Frankreich, Italien) und auf dem Balkan.
Ysop wurde schon von den alten Ägyptern zum Würzen benutzt. Der Grieche Hippokrates (5. Jh. v. Chr.) schrieb dem Kraut heilende Wirkung zu, besonders bei Erkrankungen der Atemwege. Der Römer Plinius (23–79 n. Chr.) betrachtete die Pflanze als wirksames Mittel gegen Lepra. Zu lange abgehangenem Fleisch verlieh der Ysop nicht nur einen besseren Geschmack, sondern beugte vielleicht auch einer Lebensmittelvergiftung vor. Im Mittelalter wurde er in den Klostergärten angebaut und fand auch die Beachtung der Heiligen Hildegard. Sie empfahl das Kraut bei Magenbeschwerden und Wassersucht. Besonders in Nordeuropa verbesserte man die Luft in den Räumen durch Ausstreuen aromatisch duftender Kräuter – u. a. des Ysops – auf die Fußböden. Mit Wermut und Bohnenkraut gemischt sollte Ysop die Flöhe und andere Insekten fernhalten. In der Volksmedizin glaubte man früher, Ysop könne bei bestimmten Formen der Epilepsie helfen. In Essig gekocht, war Ysop ein häufig angewendetes (Betäubungs-)Mittel zur Schmerzlinderung. Bei Zahnschmerzen wurde der Mund mit Ysop-Essig ausgespült.
Ihren Namen verdankt die Pflanze dem griechischen Arzt Hippokrates (5. Jh. v. Chr.), der sie bei Erkrankungen der Atemwege verordnete. Hyssopus leitet sich von hebräisch „ezop“ (griech. „azob“) ab, was „heiliges Kraut” bedeutet.
In der Bibel gibt es zahlreiche Hinweise auf die reinigende Wirkung von Ysop. So heißt es in Psalm 51, Vers 7 „Reinige mich mit Ysop, und ich werde frei von Schuld sein“. Die Juden benutzten beim Passahfest Ysop-Zweige, um die Türen ihrer Häuser mit dem Blut von Lämmern zu besprengen. Der Evangelist Johannes erzählt in der Leidensgeschichte von Jesu, daß man diesem am Kreuz einen mit Essig getränkten Schwamm gereicht habe, der auf einem Ysop-Stengel steckte. In der jüdischen und christlichen Liturgie werden Ysopzweige als Weihwasserwedel verwendet.
Wichtigster Inhaltsstoff ist das im Kraut enthaltene ätherische Öl mit den Hauptwirkstoffen Pinocamphon und ß-Pinen, weiterhin Flavonoide, Bitter- und Gerbstoffe.
Die Hauptwirkstoffe im ätherischen Öl sollen den Schleim verflüssigen und zur Auswurfbildung beitragen, beruhigend und zentral anregend wirken, die Durchblutung und Verdauung fördern sowie gegen Blähungen und Völlegefühl helfen. Außerdem ist eine krampflösende und harntreibende Wirkung anzunehmen.
Ysopöl enthält Nervengifte, die bei falscher Dosierung zu Krämpfen führen können.
Die Einnahme des Öls soll daher nur unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Zur Verwendung von Ysopkraut sind, sofern man es nicht überdosiert, keine Risiken oder Nebenwirkungen bekannt.
Arzneidrogen: Hyssopi herba (Ysopkraut) und Hyssopi aetheroleum (durch Wasserdampfdestillation gewonnenes ätherisches Öl; Ysopöl).
In der Pflanzenheilkunde hat der Ysop nur geringe Bedeutung. Die Wirksamkeit seiner Heilwirkung ist nicht nachgewiesen und umstritten: Man nimmt ihn bei Erkältungskrankheiten und zur Kreislaufanregung, Erkrankungen der Atemwege (z.B. Husten, Bronchitis, Asthma, Brust- und Lungenleiden), Hals- und
Zahnfleischentzündungen und Beschwerden im Magen-Darm-Trakt (Verdauungsstörungen, Darmleiden, Blähungen, Völlegefühl, Koliken); außerdem bei Augenleiden, Menstruations- und Herzbeschwerden.
Verwendet wird das frische oder getrocknete Kraut, vor allem die Blütenstände. Sie sollten möglichst zu Beginn der Blühphase geschnitten werden, um ein Abfallen der Blüten beim Trocknen zu vermeiden. Äußerliche Anwendungen sind Gurgeln (Zahn- und Halsschmerzen) und Waschungen; als innerliche Anwendung ist die Zugabe in Teemischungen (bis zu 5 % Ysop) unbedenklich, z. B. bei Husten, Blähungen oder Darmbeschwerden.
Ysopöl sollte ansonsten nicht eingenommen (Vergiftungsgefahr) und nur äußerlich angewendet werden, z. B. bei Erkältungskrankheiten (Einreiben der Brust: 10 Tropfen Ysopöl mit 20 ml Sonnenblumenöl vermischen) oder als Zusatz zum Badewasser (wenige Tropfen bei Erschöpfung oder Depression).
Benediktiner und der französische Chartreuse-Likör werden u. a. mit Ysop aromatisiert.
In einigen Teemischungen wird Ysopkraut zur Geschmacksverbesserung hinzugefügt; Handelswaren gibt es z. B. als Leber-, Galle- und Blasentees.
Ysop wird hauptsächlich als Gewürz verwendet und ist in vielen Gewürzmischungen enthalten. In der Küche eignen sich die jungen Triebe und Blätter zum Würzen von Salaten (mit Gurken, Tomaten), Brotaufstrich (mit Quark), Suppen (z. B. Bohnen, Eintopf), Soßen und Schweinefleisch, aber auch für Obstkuchenteig und Säfte. Der leicht bittere Minzgeschmack wird aber nicht von jedem Koch und Gast geschätzt.
Die Kosmetikindustrie verarbeitet Ysop in zahlreichen Produkten, z. B. Badeöl, Seife und Parfüm.
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Letzte Änderung: 4. April 2020
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)
Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2020): Ysop (Hyssopus officinalis) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in CH-Brunnen: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).
Bildnachweise
• Verbreitungskarte Hyssopus officinalis: Euro+Med PlantBase Project. Botanical Museum, Helsinki, Finland 2018; Data from BGBM Berlin-Dahlem, Germany. Source: World Checklist of Selected Plant Families (2010), © The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew;
alle weiteren Fotos und Abbildungen:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg
Zitierte Literatur
→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)