Veilchen

  • Viola tricolor, Viola arvensis, Viola odorata
  • Veilchen, Stiefmütterchen
  • Fam. Veilchengewächse (Violaceae)
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Kräuterbeschreibung

Kennzeichen der Viola-Arten sind 5 ungleiche Kronblätter, von denen das untere – in der Regel größere – einen Sporn besitzt. Der darin befindliche Nektar lockt Insekten an (Bestäubung). Viola tricolor (ausdauerndes Wildes Veilchen) wird 10–25 (40) cm groß. An den blattlosen Stengeln stehen 1,5–3 cm große Blüten: ihre beiden oberen Kronblätter sind meist blau oder blauviolett, die unteren auch weiß oder bläulich bis gelblich und zum Schlund hin gelb (blau, weiß, gelb = dreifarbig). Das Blattwerk besteht aus 1–3 cm breiten, lanzettlichen Blättern mit fiederspaltigen Nebenblättern.
Beim 4–20 cm großen, einjährigen Acker-Veilchen (Viola arvensis) sind die oberen Kronblätter weiß (selten auch bläulich) und die unteren hellgelb. Viola odorata (bis 10 cm) vermehrt sich im Gegensatz zu den vorgenannten Arten (über Samen) auch durch ober- und unterirdische Ausläufer. Die herz- bis nierenförmigen Blätter stehen in einer Rosette; seine bis 2 cm großen und süßlich duftenden Blüten („Duftveilchen“, „Wohlriechendes V.“) sind meist violett (selten auch weiß oder kupferrot).
Hauptblütezeit ist im März/April („Märzveilchen“), bei V. tricolor und V. arvensis von Mai bis September (Oktober). Als Frucht bildet sich eine kugelige, kurzhaarige, 3- klappig aufspringende Kapsel.

Verwandte Kräuter

Viola-Arten sind beliebte Gartenpflanzen, zu denen auch frostbeständige Formen gehören. Beim Gartenstiefmütterchen handelte es sich ursprünglich um Zuchtformen von Viola tricolor und V. lutea, aus denen zusammen mit anderen Arten verschiedene Hybriden (Viola x wittrockiana) in einer großen Formenvielfalt entstanden.

Vorkommen

Herkunft und Verbreitung

Die Gattung Viola (Veilchen) ist mit 450–500 Arten weltweit vor allem in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel verbreitet; in den Tropen besiedelt sie vorwiegend Gebirgsregionen. V. tricolor hat seinen Verbreitungsschwerpunkt in Europa und in den gemäßigten Zonen Asiens. V. arvensis wurde als Kulturbegleiter weltweit verbreitet. Nach Herbizideinsatz auf Äckern entwickelt es bis zu 1 m hohe Formen, die Probleme in der Landwirtschaft bereiten. V. odorata ist gleichfalls ein Kulturbegleiter, jedoch in eher mild-humidem Klima. Seine ursprüngliche Heimat ist das südliche Europa.

Standort

Viola tricolor bevorzugt frische und saure Böden, kommt aber auch auf magerem und sandigem Untergrund vor. Standorte sind Wiesen und Weiden, Wegränder und Böschungen, besonders in Mittelgebirgslagen. Dagegen wächst V. arvensis auf eher nährstoff- und basenreichem Grund (Äcker- und Ruderalflächen). V. odorata ist ein Nährstoffzeiger, z. B. auf feuchteren, nährstoffreichen Lehmböden an schattigen Standorten (lichte Laubwälder, Hecken und Gebüsche, oft in Siedlungsnähe).

Kultivierung

Abgesehen von den Zuchtformen des Veilchens (Gartenstiefmütterchens) wird lediglich Viola odorata großflächig kultiviert, z. B. in Südfrankreich. Es dient der Gewinnung ätherischer Öle.

Brauchtum

Im Altertum war das Veilchen eine Pflanze der Liebe und den Göttern geweiht. In der Heilkunde diente es als Mittel gegen Magen-/Darmerkrankungen und Erkältungen.
Hildegard von Bingen empfahl eine Salbe aus Veilchenblüten und Olivenöl bei ermüdeten Augen, die einmassiert auf Stirn und Schläfen auch bei Kopfschmerzen helfen sollte. Aus ihrer Physica: „Das Veilchen befindet sich seiner Natur nach zwischen warm und kalt, ist aber vorwiegend von gemäßigter Wärme, und es wächst von der Lieblichkeit und Milde der Luft.“
Später verwendete man Veilchen gegen Hauterkrankungen und Milchschorf bei Kindern; als Tee bei Rheuma und Gicht.

Wissenswertes

Das lateinische Wort „viola“ ist möglicherweise auf das griechische „ion“ zurückzuführen. Nach der Mythologie wurden Veilchen bei der Gründung Athens dem Ion (Stammvater der Ionier) von ionischen Nymphen überreicht. Der Artname „tricolor“ bedeutet „dreifarbig“; „arvensis“ bezieht sich auf den Standort (Acker) und „odorata“ auf den Duft.
„Viola tricolor“ ist auch der Titel einer Novelle von Theodor Storm (1873). In Shakespeares „Sommernachtstraum“ braute der Elfenkönig Oberon aus Stiefmütterlichen einen zauberhaften Liebestrank. Das Veilchen war die Lieblingspflanze Napoleons und diente seinen Anhängern als Emblem.

Ein „Stiefmütterchen“ symbolisiert sowohl Treue als auch Neid. Zur Bedeutung der Blütenblätter gibt es mehrere Meinungen: Das untere Kronblatt mit der schönen Zeichnung soll die Schwiegermutter darstellen, es bedeckt die beiden ebenso hübsch angezogenen (farbig gezeichneten) seitlich sitzenden Töchter (Blätter) und diese wiederum die oben befindlichen, einfarbig schlicht gekleideten Stieftöchter.
Oder aber: Oben sitzt auf 2 Stühlen die dicke Schwiegermutter, seitlich ihre beiden Töchter und den untersten Stuhl müssen sich die Schwiegertöchter teilen. Wer will, kann auch noch erweitern: der Vater (Stempel) hat vor lauter Kummer in seiner Familie weißes Haar bekommen und sich verkrochen. Er kommt erst wieder heraus, wenn die anderen weg (abgefallen) sind.

Eigenschaften

Wesentliche Inhaltsstoffe, Wirkungen

Wirksame Substanzen im Stiefmütterchenkraut (Kraut von Viola tricolor und V. arvensis) sind Flavonoide (u. a. Carotinoide mit Violaxanthin, Anthocyane mit Violanin, Quercetin- und Luteolinglykosiden), Salicylsäure-Verbindungen, Schleimpolysaccharide, Phenolcarbonsäuren (u. a. Kaffeesäure, Cumarsäure) und makrozyklische Peptide. V. odorata enthält auch Saponine.
Inhaltsstoffe des Stiefmütterchenkrauts (Viola tricolor und V. arvensis) wirken in geringem Maße hustenreizstillend, schleimlösend und auswurffördernd bei Husten und Erkältung. Die makrozyklischen Peptide besitzen hämolytische, antimikrobielle und antivirale Eigenschaften.
Dem Wurzelstock und Kraut des Märzveilchens (Viola odorata) werden stoffwechselanregende und blutreinigende Eigenschaften zugesprochen; die Inhaltsstoffe der Blüten sollen krampflösend und hustenlindernd wirken. Saponine fördern das Aushusten, sind aber in höherer Konzentration schleimhautreizend.

Forschung

Als wissenschaftliche Kuriosität stellte sich 1986 heraus, daß das Gartenstiefmütterchen vor über 100 Jahren vom schwedischen Botaniker Veil Wittrock zwar erstmals erwähnt, aber niemals nomenklatorisch korrekt beschrieben und dokumentiert wurde. Dies wurde jetzt nachgeholt. Von E. Nauenburg & K. P. Buttler erhielt es einen gültigen Artnamen: Viola wittrockiana.

Warnhinweise

Risiken und Nebenwirkungen sind keine bekannt.

Anwendung

Anwendungsgebiet

Arzneidroge: Violae herba cum flore (Stiefmütterchenkraut).
Verwendung der zur Blütezeit geernteten und getrockneten oberirdischen Teile von Viola tricolor oder V. arvensis und deren Zubereitungen bei leichten seborrhoischen (fettigen, talgigen) Hauterkrankungen (z. B. Kopfhaut, Ekzem, Hautjucken) und Milchschorf bei Kindern.
Bei den nachfolgend genannten Arzneimitteln aus Viola odorata ist eine Wirksamkeit nicht belegt und eine therapeutische Anwendung wird daher nicht befürwortet: Violae odoratae flos (Märzveilchenblüten): Anwendung bei akuter und chronischer Bronchitis, Bronchialasthma, Husten, Brustkatarrh, Erkältungen und deren Folgen; auch in Kombination mit weiteren Drogen oder Stoffen. Viola odorata herba (Märzveilchenkraut; die getrockneten oberirdischen Pflanzenteile) und Viola odorata rhizoma (der getrocknete Märzveilchenwurzelstock): Anwendungsgebiete wie bei Märzveilchenblüten, außerdem u. a. bei Altersinkontinenz, Schlafstörungen, Depressionen, Magen-/Darm-Beschwerden, Blähungen, Appetitlosigkeit und Hauterkrankungen.

Anwendungsart

Violae tricoloris herba (Stiefmütterchenkraut): a) als Tee: 1,5 g Droge auf 1 Tasse Wasser, 3 x täglich anzuwenden; b) äußerliche Anwendung der zerkleinerten Droge auch für Aufgüsse und Abkochungen.
Gegen eine Verwendung von Veilchenblüten als Schmuckdroge bestehen keine Bedenken.
Homöopathika: „Viola tricoloris” z. B. bei Hautausschlägen, Ekzemen, Milchschorf und „Viola odorata” u. a. bei Ohren- und Augen-Krankheiten, Asthma und Keuchhusten.

Produkte

Getränke

Die ätherischen Öle werden in Frankreich zur Herstellung des Veilchen-Likörs „Parfait Amour“ (Perfekte Liebe) verwendet, der veilchenfarben (lila) und sehr süß ist. Bekannte Hersteller sind u. a. Marie Brizard und Bols. Der Likör enthält 25–30 Vol% Alkohol und als aromatische Bestandteile neben Veilchen-, Rosen- und weiteren Blüten auch Gewürze wie Vanille, Anis und Koriander, Zitrone und Orange. Er gilt als Spezialität der südfranzösischen Stadt Montpellier.

Zu Hause kann man auch eigene Veilchengetränke kreieren, neben Veilchenlikör (Rezept: 100 g Veilchenblüten, Korn mit mind. 40 Vol%, 1 Monat stehen lassen, mit Sirup zuckern und würzen) z. B. Veilchenbowle, -limonade oder -wein.

Tee

Veilchentee wird volkstümlich bei Husten und Erkältung sowie zur „Blutreinigung“ empfohlen – und selbstgemacht wird er vielleicht nicht helfen, aber zumindest gut schmecken: Veilchenblüten (frisch oder getrocknet) aufbrühen, nach 5 Minuten abseihen und mit Veilchensirup oder Honig süßen. Je nach Geschmack kann noch etwas Zitronensaft hinzugefügt werden. Veilchenblüten sind auch mit schwarzem Tee gemischt verwendbar.

Speisen

Veilchenpastillen (Bonbons) und Veilchenblüten in Zucker („kandierte Veilchen“) dienen als Süßspeise, die Blüten auch zu Dekorationszwecken am Eßtisch. In Kochbüchern und im Internet sind mittlerweile zahlreiche Rezepte mit Veilchen zu finden, z. B. Salat, Gelee, Sirup, Torte und Dessert, als Zutat in Suppen, Soßen und Omelett, als Beilage zu Fisch oder Bestandteil von Käse.

In China wird die Veilchenart Viola verucunda angebaut, deren schleimige Blätter man als Gemüse schätzt.

Kosmetik

Die ätherischen Öle des Veilchens dienen auch der Herstellung von Parfüm und Kosmetika (im 19. Jh. verwendete man hierzu auch die sogenannten „Veilchenwurzeln“, wobei es sich um die Wurzelstöcke der Schwertlilie Iris x germanica handelte).

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Letzte Änderung: 3. März 2019
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)

Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2020): Veilchen (Viola tricolor, Viola arvensis, Viola odorata) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in CH-Brunnen: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).


BILDNACHWEISE UND ZITIERTE LITERATUR

Bildnachweise

• Briefmarken: Islamische Republik Iran;
• Stiefmütterchen (unter „Verwandte Kräuter”): Foto des Verfassers im Botanischen Garten der Universität Gießen

alle weiteren Fotos:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg

Zitierte Literatur

→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)