Mandelbaum

  • Prunus dulcis, syn. Amygdalis communis
  • (Fam. Rosaceae, Rosengewächse)
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Kräuterbeschreibung

Der 5 bis 8 m hohe Mandelbaum ist stark verzweigt und besitzt lanzettliche, lang zugespitzte Blätter. An ihren gezähnten Rändern und dem kurzen Blattstiel befinden sich nektarreiche Drüsen. Die Urform des Mandelbaums ist dornig, während die verschiedenen Kulturformen keine Dornen mehr besitzen. Noch vor dem Laubaustrieb erscheinen im Februar/März die zartrosafarbenen Blüten mit jeweils 5 Kelch- und Kronblättern an Kurztrieben. Im Laufe des Sommers entwickeln sich aprikosengroße, filzig behaarte grüne Steinfrüchte mit seitlicher Verwachsungsnaht. Nach der Reife vertrocknet das derbe und ungenießbare Fruchtfleisch (Pericarp), platzt an der Naht auf und gibt den harten Kern frei. Dieser enthält ein oder zwei Samen (Mandeln), die mit einer zimtbraunen Samenschale umgeben sind.
Nach dem Gehalt an Bittermandelöl werden die äußerlich identischen Varietäten „Mandel“ oder „Süßmandel“ (P. dulcis var. dulcis) und Bittermandel (P. dulcis var. amara) unterschieden. Daneben gibt es eine als Krachmandel bezeichnete Varietät (P. dulcis var. fragilis) mit poröser Steinschale des Kerns (Name!) und gleichfalls süßen Samen.

Verwandte Kräuter

Als Ziersträucher dienen z. B. P. tenella (Zwergmandel) und P. triloba (Chinesisches Mandelbäumchen, mit gefüllten Blüten). Eng verwandt mit dem Mandelbaum ist der Pfirsichbaum (P. persica; mit diesem gibt es auch Kreuzungen). Kultivierte Prunus-Arten sind z. B. die Obstbäume Süßkirsche (P. avium; Wildform: Vogelkirsche, P. avium spp. avium), Sauerkirsche (P. cerasus), Pflaume (P. domestica) und Aprikose (P. armeniaca); zu den wildwachsenden Prunus-Arten zählen u. a. Schlehe (P. spinosa) und EchteTrauben-Kirsche (P. padus). Ziergehölze sind z. B. Spätblühende Trauben-Kirsche (P. serotina), Kirschlorbeer (P. laurocerasus) und Japanische Blüten-Kirsche (P. serratula).

Vorkommen

Herkunft und Verbreitung

Die Heimat des Mandelbaums liegt in den wintermilden und semihumiden Gebieten SW-Asiens (Turkmenien, Tien-Schan). Von dort gelangte er nach China, Persien und in den Nahen Osten bis Kleinasien. Heute ist die Art in vielen subtropischen und gemäßigt warmen Gebieten eingebürgert. In Mitteleuropa gedeiht der Mandelbaum nur in sehr milden Lagen, z. B. in Südwestdeutschland und in Weinbaugebieten. Dort ist er vor allem wegen seiner Frühjahrsblüte eine beliebte Gartenpflanze.

Standort

Der subtropische Mandelbaum verträgt feuchte Winter wie auch heiße Sommer und Trockenzeiten. Er ist anspruchslos und wächst auch auf kargen Böden, die aber sandreich und durchlässig sein sollten. In Mitteleuropa kommt er wegen der Spätfrost-Empfindlichkeit auch an Südhängen nur selten zur Fruchtreife (geschlossene Blüte: höchstens -4,5 °C; Fruchtansatz: -0,5 bis -1,0 °C).

Kultivierung

Der Mandelbaum wird weltweit in subtropischen Ländern kultiviert, schwerpunktmäßig rund um das Mittelmeer (Spanien und Italien sowie in Tunesien, Griechenland, Iran, Syrien und Portugal) und in den USA (Kalifornien); außerdem in Südaustralien, Südafrika und Ostasien.

Brauchtum

In Asien soll der Mandelbaum schon vor Jahrtausenden kultiviert worden sein. Aus dem 8. Jh. v. Chr. ist schriftlich überliefert, daß sich im Heilkräutergarten des babylonischen Königs Mardukapaliddina auch ein Mandelbaum befunden hatte. In Europa wurde der Mandelbaum im 5. oder 6 Jh. v. Chr. durch die Griechen eingeführt. Im Altertum nahm man Mandeln bei Hustenreiz, Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen im Magenbereich. Der griechische Arzt Dioskurides (1. Jh. n. Chr.) verordnete sie auch gegen Kopfschmerzen, Sommersprossen, faulige Geschwüre, Bißwunden von Hunden, Blutsturz, Nieren- und Leberleiden. Außerdem empfahl er Bittermandeln als Mittel gegen Trunkenheit. Bei Festgemahlen wurden sie daher den Gästen angeboten. Die Verhütung eines Rausches durch den Genuß von kleinen Mengen bitterer Mandeln findet sich als Tipp noch in Hausarzneimittelbüchern des 19. Jahrhunderts. Im Mittelalter riet Hildegard von Bingen zum Verzehr von süßen Mandeln bei Kopfschmerzen, Leber- und Lungenerkrankungen. Außerdem schlug sie vor, Mandelöl zur Hautpflege vor allem im Gesicht auch äußerlich zu verwenden. Die Mandel diente im Orient als eine der Ingredienzien von Fröhlichkeitspillen zur Auslösung von Rauschzuständen und zur Verstärkung der angeblich aphrodisischen Wirkung des Mohns. Bittermandel war früher auch als krampflösendes Beruhigungsmittel gebräuchlich.

Wissenswertes

Der Name „Prunus“ (lat.) bedeutet eigentlich „Pflaumenbaum“ und wurde von Linné auf zahlreiche Steinobstgattungen erweitert.
Zerkleinerte und mit Mehl bestreute Bittermandeln dienten früher zur Vergiftung von Ratten und Mäusen (siehe Erläuterungen unter „Inhaltsstoffe“ und „Warnhinweise“).
Mandelöl wird auch als hochwertiges Uhrenöl verwendet.

Eigenschaften

Wesentliche Inhaltsstoffe

Hauptinhaltsstoffe der Mandeln sind 50-64 % fettes Öl, 25-35 % Protein, 0,5-0,8 % ätherisches Öl, Vitamine und Mineralstoffe. Das gelbe, blausäurefreie Mandelöl wird durch kalte (oft auch lauwarme) Pressung gewonnen; es besteht aus etwa 77 % Ölsäure und 17-20 % Linolsäure.
Bittere Mandeln enthalten außerdem bis zu 5 % des Blausäureglykosids (Bitterstoffs) Amygdalin. Dieses wird enzymatisch oder durch Darmbakterien über Zwischenstufen in Benzaldehyd (Hauptbestandteil des ätherischen Bittermandelöls), hochgiftige Blausäure (HCN, Cyanwasserstoff) und Zuckerrest, gespalten – siehe auch unter „Warnhinweise“.
Süße Mandeln beinhalten nur geringste Mengen Amygdalin, stattdessen jedoch bis zu 10 % Zucker (vor allem die zu Speisezwecken kultivierten Sorten, z.B. P. dulcis var. sativa).
Bittermandelöl kann auch aus Mandelkleie gewonnen werden: Nach dem Auspressen des fetten Öls wird der verbleibende Pressrückstand (Mandelkleie, Preßkuchen) mehrere Stunden in Wasser eingeweicht; anschließend kann das ätherische Bittermandelöl durch Wasserdampfdestillation getrennt werden. Die enthaltene Blausäure (2 bis 4 %) wird chemisch entfernt. Künstlich hergestelltes Benzaldehyd ist ebenfalls im Handel (häufig zur Verfälschung des echten Bittermandelöls).

Eigenschaften, Wirkungen

Mandeln sollen innerlich angewendet regelnd auf den Darmtrakt wirken (Abführmittel, Darmbeschwerden). Äußerlich werden ihnen erfrischende, erweichende und entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen.

Warnhinweise

Amygdalin und das zu seiner Spaltung befähigte Enzym (Emulsin, ß-Glucosidase) sind in der Bittermandel-Frucht getrennt gespeichert. Beim Zerkauen werden die Zellwände zerquetscht und das Enzym gelangt zum Amygdalin. Durch die Spaltung – siehe unter „Inhaltsstoffe“ – entsteht giftige Blausäure, die den Sauerstofftransport im Inneren des Körpers unterbindet (blockiert das Eisen der Cytochromoxidase). Die Gehirnzellen sterben ab und der Tod tritt durch Ersticken ein. Zwar ist der Toleranzbereich beim Menschen relativ groß, doch können schon 1 mg Blausäure pro kg Körpergewicht (etwa 60 Mandeln beim Erwachsenen, 6 bis 10 bei Kindern) zum Tode führen. Bittere Mandeln werden daher nur in kleinen Mengen gehandelt. Weitere Hinweise unter „Inhaltsstoffe“.
Veredelte Mandelbäume können neben den süßen Mandeln auch bis zu 3 % bittere Mandeln tragen.
Mandelallergien sind im Vergleich zu Haselnußallergien recht selten. Treten sie jedoch auf, können bereits geringe Allergenmengen schwere allergische Reaktionen hervorrufen.

Anwendung

Anwendungsgebiet

Droge: Amygdali dulcis semen (Mandel),
Innerliche Anwendung der Mandelsamen bei Darmbeschwerden, äußerlich auf entzündeter Haut und Schleimhaut. Wegen der im Vergleich zu anderen Mitteln geringen Wirkung ist die Mandel als Heilmittel aber kaum mehr gebräuchlich. „Mandelmilch“ (Emulsio amygdalarum) ist eine Mischung aus Mandelbrei, Zucker und Wasser und wurde auch als Kuhmilchersatz verwendet.
Droge: Amygdali amarae semen (Bittermandel)
Bittermandelöl (Amygdalarum amarum aetheroleum) dient in der Pharmazie zur Herstellung von Kosmetika (Hautreinigungs- und Hautpflegemittel), Seifen und Essenzen.
Mandelöl (Amygdalae oleum) stammt von süßen oder bitteren Mandeln (auch von Mischungen). Durch Kaltpressung gewonnene Qualitäten sind naturbelassen (Amygdalae oleum virginale) oder raffiniert (Amygdalae oleum raffinatum). Mandelöl ist lichtempfindlich und wird leicht ranzig.

Anwendungsart

Als mildes Abführmittel oder bei Darmbeschwerden je nach Alter 1 bis 2 Tee- oder Eßlöffel einnehmen.
Äußerliche Anwendung: Bei entzündeter Haut und Schleimhaut zerdrückte Mandeln (Mandelbrei) auftragen und einwirken lassen.
Selbstgemachte Mandelmilch: Den Saft von 100 g geschälten und zu Brei zerdrückten süßen Mandeln mit 100 g Zucker vermischen und mit Wasser auf 2 Liter auffüllen. Bei Bedarf (z. B. Darmbeschwerden) löffelweise einnehmen. Äußerlich soll Mandelmilch die Haut nähren und straffen, Juckreiz und trockene Haut lindern und bei Hautschäden gewebebildend wirken.
Bittermandelwasser soll Hustenreiz lindern (ehemals auf der Grundlage von Bittermandeln, später mit synthetisch hergestelltem Benzaldehydcyanhydrin).

Früher waren die bitteren Mandeln homöopathisch bei Asthma und Diphterie gebräuchlich.

Produkte

Getränke

Mandeln sind als Geschmacksstoff in vielen Sprituosen enthalten. Gin enthält neben Wacholderbeeren auch Mandeln und andere Gewürze. Der in Litauen hergestellte Kümmellikör Allasch verdankt seinen Geschmack der Zugabe von Aromastoffen, u. a. der Mandel. Aus süßen Mandeln wird Mandellikör (Amaretto) hergestellt.

Speisen

Süße Mandeln werden roh oder auch geröstet und gesalzen gegessen, dienen aber ebenso wie blausäurefreies Bittermandelöl vor allem zur Herstellung verschiedener Zuckerwaren und Süßspeisen (Kuchen, Gebäck, Schokolade, Pralinen, Makronen u. a.).

Marzipan besteht aus zerkleinerten süßen Mandeln und Zucker. Nach kurzem Erhitzen entsteht eine plastische Marzipan-Rohmasse, die man zu verschiedenen Zwecken weiterverarbeitet („Persipan“ dient als Marzipan-Ersatz, bei dem anstelle der Mandeln Aprikosen- oder Pfirsichkerne verwendet werden).

Nugat ist eine Mischung aus feingemahlenen Mandeln und Nüssen mit Zucker im Verhältnis 1:1, wobei ein Teil des Zuckers durch Milch- und Sahnepulver ersetzt sein kann (Sahne-/Milchnugat) oder zusätzlich Speisefette zugefügt wurden (Nugatcreme).

Krokant besteht aus einer erhitzten Mischung zerkleinerter Mandeln oder Nüsse mit karamelisiertem Zucker.

Im Mittelalter war der „Deutsche Brei“ (Blancmanger, Blamensier) eine in ganz Europa sehr beliebte Speise mit wechselnden Zutaten. Sie bestand jedoch immer aus Mandelmilch (geriebene Mandeln mit Ziegenmilch, später mit Wein, selten mit Wasser) und wurde ursprünglich mit Reismehl, Hühnerfleisch, Schmalz und Veilchen (für die Farbe) aufgekocht. Den faden, salzlosen Geschmack versuchte man mit Zucker oder Gewürzen (Ingwer, Muskatblüte, Kardamom und Nelken) zu verbessern.

Kosmetik

Bittermandelöl ist in der kosmetischen Industrie ein geschätzter Grundstoff für Hautpflegemittel, Salben und Hautcremes. In der Parfümerie aromatisiert man damit Kosmetika und Parfüms, z. B. die Duftnoten Mandel-, Heliotrop- und Oleanderblüte, Flieder und in geringer Menge auch Maiglöckchen und Rose. Die Bedeutung von Mandelöl ist aber abnehmend, da es leicht ranzig wird und durch synthetische Öle ersetzt werden kann.
Auch die Mandelkleie dient zur Herstellung von Seifen und Reinigungsmilch.

Tipp

Die Mandelkerne werden im Schatten getrocknet und können wie Walnüsse aufbewahrt werden (z. B. in Holzkisten oder Stoffsäckchen). Samen (Mandeln) werden erst bei Bedarf herausgelöst.

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Letzte Änderung: 15. Dezember 20208
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)

Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2020): Mandelbaum (Prunus dulcis) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in CH-Brunnen: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).


BILDNACHWEISE UND ZITIERTE LITERATUR

Bildnachweise

• Verbreitungskarte Prunus dulcis: Euro+Med PlantBase Project. Botanical Museum, Helsinki, Finland 2018; Data from BGBM Berlin-Dahlem, Germany. Source: World Checklist of Selected Plant Families (2010), © The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew;

alle weiteren Fotos und Abbildungen:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg

Zitierte Literatur

→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)