Löwenzahn

  • Taraxacum officinale
  • Löwenzahn, Pusteblume, Kuhblume, Butterblume
  • (Fam. Asteraeceae, Korbblütler)
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Kräuterbeschreibung

Den Namen „Löwenzahn“ verdankt die bis zu 50 cm hohe und ausdauernde Pflanze ihren sägeförmigen Blättern. Die unregelmäßig stark gelappten und gezähnten Laubblätter bilden eine grundständige Rosette. Aus ihr wachsen während der Blütezeit (März bis November, Hauptblütezeit im Frühjahr) blattlose, hohle Stengel empor. Diese tragen an ihrer Spitze ein einzelnes Blütenköpfchen mit einem aus Hochblättern gebildeten Kelch, der zahlreiche zwittrige, gelbe Zungenblüten umschließt. Nachts und an trüben Tagen bleiben die Köpfchen geschlossen.

Im reifen Zustand bilden die braunen, einsamigen Schließfrüchte (Achaenen) mit ihrem weißlichen Haarkranz (Pappus) – der als Flugorgan dient – eine Kugel („Pusteblume“). Alle Teile der Pflanze führen in den aus vielen Zellen gebildeten Milchröhren weißen, bitteren Milchsaft, der beim Pflücken braune Flecken auf Haut und Kleidung hervorruft.

Obwohl die Blüten reich an Pollen und Nektar sind und eine gute Insektenweide darstellen, überwiegt die Selbstbestäubung (Apomixis). Diese Art der Fortpflanzung hat eine Fülle von Kleinarten hervorgebracht.

Weltweit gibt es rund 2.300 Löwenzahn-Arten. Mit ca. 370 nachgewiesenen Sippen ist die Gattung Taraxacum die artenreichste in der deutschen Flora. Die Hauptart Taraxacum officinale wird heute als „Sammelart“ geführt und spaltet sich in etwa 140 Kleinarten auf.

Verwandte Kräuter

Die Familie der Korbblütler ist eine der weltweit artenreichsten Pflanzenfamilien. Zu ihr gehören zahlreiche Heilkräuter wie beispielsweise Wermut, Kamille, Beifuß, Huflattich, Arnika, Ringelblume, Benediktenkraut, Dost, Mutterkraut, Schafgarbe, Margerite, Rainfarn und Mariendistel, aber auch das oft mit Löwenzahn vergesellschaftete Gänseblümchen (Bellis perennis).

Vorkommen

Herkunft und Verbreitung

Der Gemeine Löwenzahn ist ursprünglich in den gemäßigten Zonen Europas und Asiens beheimatet, kommt heute in ganz Europa, Nordafrika und dem Nahen Osten vor und hat sich inzwischen weltweit verbreitet.

Standort

Die Pflanze wächst auf allen Böden, besonders auf stickstoffhaltigen. Man findet sie auf Wiesen, Weiden, an Wegrändern, in Äckern, Gärten und Parkanlagen vom Flachland bis ins Gebirge. Mit der Wurzel dringt sie tief in den Boden ein, anfangs mit einer starken Pfahlwurzel, der sich später zu einem Wurzelstock erweitert. In Siedlungen begnügt sie sich mit kleinsten Bodenritzen. Das kräftigste Wachstum entwickelt sie bei hohem Nährstoffgehalt.

Kultivierung

In Deutschland und Frankreich wird der Löwenzahn auch angebaut. Die Vermehrung erfolgt durch Aussaat im Frühjahr.
In geringer Menge enthalten die Wurzeln des Gemeinen Löwenzahns auch Kautschuk. Bestimmte Löwenzahnarten (T. hybernum und T. kok-saghyz) wurden früher wegen ihres hohen Gehalts an Latex in großem Umfang kultiviert. Bei T. kok-saghyz, einer im chinesischen Tienschangebirge heimischen Löwenzahnart, gelang die Züchtung von Sorten mit bis zu 20 % Kautschuk in deren Milchsaft. In den dreißiger und vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurden Kok-saghyz-Pflanzen als einjährige Kulturen vor allem in der Sowjetunion großflächig angebaut, weil man den Kautschuk zur Gummiherstellung benötigte. Heute spielt die Pflanze als Kautschuklieferant keine große Rolle mehr und ihr Anbau ist rückläufig.

Brauchtum

Brauchtum

In den Werken namhafter Autoren der Antike sind zwar dem Löwenzahn verwandte Korbblütler erwähnt, nach diesem selbst sucht man aber vergebens – obgleich die Pflanze im Altertum nicht unbekannt gewesen ist. Ausdrücklich genannt und als Heilpflanze gepriesen wird die Art erst im frühen Mittelalter (11. Jh.) in den Schriften arabischer Ärzte. In der folgenden Zeit gewann der Löwenzahn in der Volksmedizin an Bedeutung und war im 16. Jahrhundert eine anerkannte Droge. Das Kraut galt als Mittel gegen Wassersucht, Milz, Galle- und Leberleiden, Gelbsucht, Durchfall, Fieber, Gicht und auch gegen Augenkrankheiten. In den mittelalterlichen Kräuterbüchern wird die Pflanze sogar als Schönheitsmittel empfohlen. So berichtet Hieronymus Bock (1498-1554), daß die Frauen rote Flecken (Sommersprossen) im Gesicht mit Hilfe eines aus Kraut und Löwenzahnwurzeln gebrannten Wassers zu entfernen suchten. In der Volksheilkunde wird der Löwenzahn seit altersher als Mittel gegen Warzen verwendet, wobei diese regelmäßig mit frischem Löwenzahn-Milchsaft zu bestreichen sind.

Die blutreinigende und wassertreibende Wirkung des Löwenzahns war allseits bekannt und fand auch in dem von Apothekern gebräuchlichen Namen herba urinaria ihren Ausdruck. Friedrich der Große soll sich wegen seiner kranken Nieren einer Behandlung mit Löwenzahnextrakt unterzogen haben.

Im späten Mittelalter gelangte der Löwenzahn mit den Schiffen der weißen Siedler auch in die Neue Welt. Die Indianer bezeichneten ihn wie andere eingeschleppte europäische Unkrautpflanzen als „Fußstapfen des weißen Mannes“.
In der chinesischen Pflanzenheilkunde wird die Löwenzahnart „Pu gong ying“ (Taraxum mongolicum) schon seit Jahrtausenden verwendet. Zu Heilzwecken benutzt man aber nur die oberirdischen Pflanzenteile und nicht die Wurzel. Das Kraut dient zur Behandlung von Furunkeln, nässenden Wunden und Brustdrüsenentzündung sowie zur Beseitigung von Hitze und Giftstoffen in der Leber.

Wissenswertes

Der lateinische Name „Taraxacum“ geht auf das griechische Wort „taraxacis“ (= Entzündung) und „akeo mei“ (= ich heile) zurück. Möglicherweise stammt der Name der Pflanze, die im Mittelalter in der islamischen Heilkunde große Bedeutung hatte, aus dem Persischen und bedeutet soviel wie „bitteres Kräutlein, das auf dem Basar verkauft wird“. Die Artbezeichnung „officinale“ ist lateinisch und sagt aus, daß es sich um eine „offizinelle“ in Apotheken (officina) erhältliche Arznei handelt.
Der Volksmund kennt außer den Bezeichnungen „Butterblume“ und „Pusteblume“ noch viele andere Namen (insgesamt über 500), die sich unter anderem auf seine Wirkung beziehen. Auf die harntreibende Eigenschaft weisen recht derbe Ausdrücke, wie „Bettseicher“, „Bettpisser“, „Brunzblume“, und „Pißblöm“ hin. Im französischen wird der Löwenzahn „piss en lit“ genannt. In Bayern und Österreich heißt er auch „Kuhblume“, weil er auf Weiden sehr gerne vom Milchvieh gefressen wird.
Das Wegblasen der Löwenzahn-Früchte ist ein beliebtes Spiel der Kinder („Laternchenausblasen“). Hierbei kommt es darauf an, möglichst viele Früchte wegzublasen. Je nach Reife des Fruchtstandes, darf ein- bis dreimal gepustet werden. Dann werden die restlichen, auf dem Fruchtboden stehen gebliebenen Früchte gezählt. Aus deren Anzahl ergibt sich, wie viele Jahre es noch bis zur Hochzeit dauert oder wie viele Kinder aus der Ehe hervorgehen.

Eigenschaften

Wesentliche Inhaltsstoffe

Wichtige wirksame Bestandteile in Wurzel, Kraut und Milchsaft sind Sesquiterpenlactone (Eudesmanolide, Germacranolide), verschiedene Triterpene, Carotinoide und Phytosterole, an phenolischen Verbindungen vor allem Taraxacosid, Flavonoide, Phenolcarbonsäuren und Cumarine. Die Mineralstoffe (etwa 5 %) bestehen zu einem hohen Anteil aus Kaliumsalzen. Im Milchsaft ist u. a. auch Oxyphenylessigsäure enthalten.

Eigenschaften, Wirkungen

Die Inhaltsstoffe haben eine appetitanregende Wirkung und regen die Leberzellen zur vermehrten Sekretion von Gallensäuren an. In der Niere bewirkt vor allem der hohe Gehalt an Kaliumionen eine Steigerung der Harnabscheidung.

Warnhinweise

Keine Löwenzahn-Anwendungen bei Gallenbeschwerden (z. B. Gallensteinleiden, Verschluß der Gallenwege, Gallenblasenemphysem).
Der Milchsaft einiger Löwenzahn-Sorten soll schwach giftig sein. Nach dem Auslutschen von Stengeln kann es zu Unwohlsein, Bauchschmerzen Erbrechen und Durchfall, seltener auch zu Kontaktallergien kommen.

Anwendung

Anwendungsgebiet

Arzneidrogen:
Taraxaci herba (Löwenzahnkraut),
Taraxaci radix cum herba (Löwenzahnwurzel mit -kraut)
Anwendung bei Appetitlosigkeit, Völlegefühl und Blähungen; außerdem bei Störung des Gallenflusses und als harntreibendes Mittel.

Anwendungsart

Vor der Blütezeit werden die Blätter gesammelt und die Wurzeln ausgegraben. Die Pflanzenteile kann man frisch oder getrocket verwenden. Die Wurzeln werden der Länge nach in Stücke geschnitten und zusammen mit dem Kraut an einem luftigen, sonnigen Ort aufgehängt. Man kann sie auch bei niedriger Temperatur (max. 40 Grad) im Backofen trocknen und dann z. B. in Gläsern aufbewahren.
Dosierung beim Löwenzahnkraut: 3 x täglich entweder 4 bis 10 g Droge oder Liquidextrakt (1:1) in 25 %igem Alkohol;
Dosierung bei der Löwenzahnwurzel mit -kraut: 3 x täglich 10 bis 15 Tropfen als Tinktur. Als Aufguß verwendet man 1 Eßlöffel der geschnittenen Droge auf 1 Tasse Wasser. Für eine Abkochung werden 3 bis 4 g der geschnittenen oder pulverisierten Droge auf 1 Tasse Wasser empfohlen.
Die frischen Blätter können wie Salat verwendet werden.

Das Homöopathikum „Taraxacum” wird bei Magen-Darm-Beschwerden und Appetitlosigkeit, bei Gallenbeschwerden, Kopf- und Augenschmerzen sowie bei häufigem Harndrang, Leber und Nierenleiden gegeben.

Produkte

Getränke

Rezept für Löwenzahnwein im Faß: Löwenzahnblüten (etwa 3 Eimer voll) werden in 50 Liter Wasser eine Stunde lang gekocht. Nach dem Abseihen wird die Flüssigkeit mit 6 kg braunem Rohrzucker bester Qualität, 30 g Hopfen, 250 g braunem Ingwer und reichlich Schalen von unbehandelten Zitronen und Orangen noch einmal aufgekocht. Nun werden 18 Pomeranzen (Bitterorangen) und 12 Zitronen in kleine Stücke geschnitten und mit derselben Rohrzuckermenge wie oben angegeben vermischt. Über dieses Gemisch gießt man die abgekühlte, lauwarme Flüssigkeit und fügt etwas Bierhefe hinzu. Anschließend wird das Getränk in ein Faß abgeseiht und 3-4 Tage zur Gärung ruhengelassen. Nach dem Gärungsprozeß kann das Faß fest verspundet werden und der Wein sollte bis zum Gebrauch ca. 6 Monate lagern.
Rezept für Löwenzahnblütenschnaps: Zur Herstellung von Schnaps benutzt man ganze Blütenköpfe oder nur die gelben Zungenblüten (= feineres Aroma). In eine Flasche gibt man ca. 70 g gereinigte Löwenzahnblütenblätter, übergießt sie mit 0,7 Liter Wodka und fügt 1 Eßlöffel Honig hinzu. Gut verschlossen läßt man die Flasche etwa 1 Woche lange stehen und schüttelt den Ansatz gelegentlich durch. Nach dem Filtern füllt man den Schnaps in eine mit kochendem Wasser ausgespülte Flasche und verschliesst sie. Leicht gekühlt serviert entfaltet er sein Aroma am besten.

Tee

Löwenzahn-Tee ist nach dem Winter ein Fitmacher im Kampf gegen die Frühjahrsmüdigkeit. Er hilft auch Menschen, die zur Gallensteinbildung neigen oder an Gicht, Rheuma und Arthrosen leiden. Je 2 Eßlöffel kleingeschnittener Löwenzahnwurzel und -blätter werden in einen Topf mit 0,5 Liter kaltem Wasser gegeben, bis zum Sieden erhitzt und kurz – ca. 1 Minute – gekocht. Zehn Minuten ziehen lassen, abseihen und mit weiteren 0,5 Liter Wasser verdünnen. Pro Tag kann man 2 bis 3 Tassen davon trinken. Der Tee darf nicht bei Darmverschluß, Korbblütlerallergie und Magenempfindlichkeit angewendet werden.

Löwenzahnkaffee kann folgendermaßen hergestellt werden: Ausgegrabene Löwenzahnwurzeln werden mit Hilfe einer Bürste gründlich gereinigt, in kleine Stücke geteilt und in der Sonne getrocknet. Diese legt man dann zum Rösten in eine ungefettete Pfanne oder auf ein trockenes Backblech. Die braun gerösteten Wurzelstücke werden, nachdem sie abgekühlt sind, fein gemahlen. Der Pulverkaffee muß in einer gut verschließbaren Dose aufbewahrt werden, da er Feuchtigkeit zieht. Für 1 Liter Wasser benötigt man etwa 3 gehäufte Eßlöffel Löwenzahnkaffee. Zunächst wird das Wasser zum Kochen gebracht, dann rührt man den Kaffee ein und läßt das Ganze kurz aufwallen. Nun wird der Topf von der Herdplatte geschoben und weitere 3 Minuten stehen gelassen. Nach dem Absieben ist der Kaffee trinkfertig.

Speisen

Die jungen, leicht bitter schmeckenden Blätter finden für Salate, Suppen und Gemüse Verwendung. Die jungen Blütenknospen werden wie Kapern in Öl eingelegt oder zu Gemüse verarbeitet. Aus den gelben Blüten bereitet man einen Löwenzahnnektar oder Löwenzahnwein. In Honig eingelegt liefern die Zungenblüten einen gelben Löwenzahnhonig und mit Zucker, Wein und Geliermittel einen süßen Brotaufstrich (Löwenzahn-Gelee).

Tipps

Beim Wurzelsammeln nach dem Absterben der oberirdischen Teile im Spätherbst besteht die Gefahr, daß man die Wurzeln des Löwenzahns mit denen der Wegwarte (Cichorium intybus) verwechselt. Eine sichere Unterscheidung ist sehr schwierig. Eindeutig feststellbar ist ein Unterschied im mikroskopischen Querschnitt (die Wegwarten-Wurzel ist im Gegensatz zur Löwenzahn-Wurzel strahlig aufgebaut).

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Letzte Änderung: 5. Januar 2021
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)

Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2020): Löwenzahn (Taraxacum officinale) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in Brunnen/Schweiz: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).


BILDNACHWEISE UND ZITIERTE LITERATUR

Bildnachweise

Alle Fotos und Abbildungen:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg

Zitierte Literatur

→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)