Der Koriander ist eine einjährige, 50-70 cm Höhe erreichende Pflanze mit aufrecht stehendem, feingerilltem rundem Stengel und wenig verzweigter Pfahlwurzel. Die unteren Blätter sind gestielt, ungeteilt oder einfach fiederschnittig, die mittleren zweifach und die oberen 2-3fach gefiedert und ungestielt. Im Juni/Juli bilden sich weiße oder blaßrötliche Blüten, die in 3-5-strahligen Doppeldolden zusammenstehen, wobei die Außen- und Innenblüten der Döldchen verschieden gestaltet sind. So sind die Kronblätter an der Außenseite der am Döldchenrand stehenden Blüten besonders stark entwickelt. Die kugelige und gerippte, etwa 2-5 mm große Frucht (Doppelachäne, mit anderen Teilfrüchten zusammengewachsen) hat grün und unreif einen unangenehmen Geruch; vollreif ist sie gelb bis gelbbraun und riecht aromatisch-würzig.
Zu Heilzwecken nimmt man die beiden Variationen C. sativum var. vulgare (syn. var. macrocarpum) und C. sativum var. microcarpum.
Die große Fam. der Doldengewächse umfaßt rund 300 Gattungen mit 2.500 Arten, darunter wichtige Nahrungsmittel, Kräuter und Gewürze, z. B. Möhre (Daucus), Sellerie (Apium), Fenchel (Foeniculum), Petersilie (Petroselinum), Dill (Anethum), Pastinak (Pastinaca), Engelwurz (Angelica), Liebstöckel (Levisticum), Kümmel (Carum), Anis und Bibernelle (Pimpinella), aber auch Giftpflanzen, z. B. Schierling (Conium) und Riesenbärenklau (Heracleum).
Die Heimat des Korianders ist Südeuropa, vermutlich der Vordere Orient. Von dort wurde er weltweit verbreitet. Als Gewürzpflanze ist er in vielen Gärten zu finden, ist jedoch nicht winterhart.
Freilandbestände in Mitteleuropa dürften auf verwilderte Kulturpflanzen zurückzuführen sein. Die Pflanze ist wärme- und trockenheitsliebend; ihr Vorkommen beschränkt sich daher auf milde Gebiete; oft ist sie in Weinbergen, auf Äckern und Schutthalden in vollem Sonnenlicht zu finden. Böden können auch dürftig, steinig und kalkhaltig sein, dürfen aber keine Staunässe aufweisen.
Als Gewürz- und Heilpflanze wurde der Koriander seit Ende des 8. Jhs. in Mitteleuropa zunächst vereinzelt, seit dem 16. Jh. dann auch häufiger kultiviert. Heute wird er nicht nur im gesamten Mittelmeerraum, sondern in vielen weiteren Gebieten angebaut, besonders in Südostasien, Osteuropa Nordafrika, Nord- und Südamerika.
Wichtige Exporteure von Korianderöl sind Marokko, Argentinien, Polen, Rußland, Ungarn und die Balkanländer; zur Gewinnung von 1 kg ätherischem Öl durch Wasserdampfdestillation sind 100kg Samen erforderlich.
Die Aussaat in Reihen mit einem Abstand von 25-30 cm (20 cm Pflanzabstand) erfolgt im April. Geerntet wird im vollreifen Zustand, wenn die Früchte eine rotbraune Farbe besitzen – am besten in den Morgenstunden, weil sie leicht abfallen. Die Nachtrocknung erfolgt an der Luft. Das mitteleuropäische Klima ist für den Koriander nicht optimal (Schwierigkeiten bei der Reife, wenig Früchte).
Seine Erwähnung in Sanskrittexten (altindische Literatur), ägyptischen Papyri (Papyrus Ebers, ca. 1500 v. Chr.; Früchte in altägyptischen Pharaonengräbern) und in der Bibel (als eines der bitteren Kräuter des Passah-Festes; Altes Testament) lassen daraufschließen, daß der Koriander seit mehr als 4.000 Jahren als Gewürz- und Heilmittel verwendet wird. In der griechischen und römischen Küche war er ein beliebtes Gewürz und sollte nebenbei die Fortpflanzung begünstigen. Die Empfehlungen von Dioskurides (1.Jh. n. Chr.) wurden von Leonhart Fuchs (1543) übernommen: „mit süssem wein getruncken, tödtet die würm, und mehret den samen“.
Vor rund 2.000 Jahren gelangte „hu“ (= fremdartig) auch nach China. Dort glaubte man zunächst, die Pflanze mache unsterblich. Als sich dies als Irrtum herausstellte, verwendete man sie in der Küche und Heilkunde. In Mitteleuropa wurde der Koriander durch Römer eingeführt, die ihr Fleisch zur Konservierung mit einer Mischung aus Koriander, Kümmel und Essig einrieben. Er galt lange Zeit als Mittel bei Ergotismus („Antoniusfeuer“, Vergiftung durch Mutterkorn Claviceps purpurea). Die Anwendung bei Magen-Darm-Beschwerden war auch schon im Mittelalter üblich (Hieronymus Bock, um 1540).
Der Name „Coriandrum, Koriander“ soll auf Plinius zurückgehen, kommt von griech. „koris“ und „annon“ (Wanze und Anis) und ist zweifellos im wanzenähnlichen Geruch der Pflanze und besonders ihrer unreifen Früchte begründet („Wanzendill“). Die getrocknetenFrüchte haben dagegen einen aromatisch-würzigen, blumenhaften Geruch mit schwachem Anis-Nachgeschmack. Zu hohe Dosierung soll Schwindelgefühle verursachen („Schwindelkorn“).
Hauptwirkstoffe sind 0,4 bis 1 % ätherisches Öl mit 60-75 % Linalool (sowie Borneol, Kampfer, Geraniol u. a.), außerdem Phenolcarbonsäuren (Chlorogen-, Kaffee-, Ferula-, Vanillinsäure), Cumarine (Scopoletin, Umbelliferon) und Flavonoide (Quercetin- und Kämpferolglykoside). Der wanzenartige Geruch ist auf trans-Tridecen-2-al zurückzuführen.
Der Gehalt an ätherischem Öl kann je nach Herkunft der Pflanze sehr stark schwanken. Das Korianderöl befindet sich zu etwa 40 % in der Fruchtschale und zu 60 % im Samen.
Korianderfrüchte sind eine Ätherisch-Öl-Droge. Die Inhaltsstoffe wirken fördernd auf die Magensaftsekretion (verdauungsfördernd), antimikrobiell, lipidsenkend und leicht spasmolytisch (entspannend auf die glatte Muskulatur im Magen-Darm-Trakt).
Polyacetylene (vom Typ Panaxynol, Falcarindiol) im Methanolextrakt von Koriander scheinen stark hemmend auf die Wucherung von Tumorzellen zu wirken (Nakano et al. 1998).
Bei empfindlichen Personen können die im Koriander enthaltenen Monoterpene (z. B. Linalool) Allergien vom „Soforttyp“ auslösen; es besteht jedoch ein nur geringes Sensibilisierungspotential.
Arzneidroge: Coriandri fructus (Koriander)
Anwendung bei leichten Magen-Darm-Beschwerden und -Entzündungen, Reizmagen, Völle- und Druckgefühl, Blähungen und bei Appetitlosigkeit. Die Droge enthält mindestens 0,5 % ätherisches Öl.
Bei Blähungen wirkt der Koriander nur schwach. Wegen seines aromatischen Geschmacks wird er in verschiedensten Kombinationen mit anderen Drogen dennoch verwendet. Wirksamere Heilkräuter gegen Blähungen sind z. B. Kümmel, Fenchel oder Anis.
Durch Wasserdampfdestillation gewonnenes ätherisches Öl (Coriandri aetheroleum) wird ebenfalls verwendet, z. B. in der Pharmazie (Geschmacksverbesserung von Medikamenten) und bei Lebensmittelherstellern als Aromastoff (Rohstoff für Gewürzextrakte). In der Volksmedizin nimmt man es verdünnt z. B. innerlich gegen Würmer und äußerlich bei Gelenkschmerzen und Rheuma (Bestandteil von Einreibemitteln) sowie bei schlecht heilenden Wunden – wobei die Wirksamkeit nicht nachgewiesen und von einer innerlichen Anwendung selbst des verdünnten Öls abzuraten ist.
Verwendet werden die kugeligen, reifen und getrockneten Früchte; Zubereitungen in pulverisiertem Zustand zum Einnehmen.
Das ätherische Öl befindet sich innerhalb der Frucht in sogenannten „Sekreträumen“. Damit es in Wasser oder Alkohol übergehen kann, muß die Frucht zerstoßen (zerquetscht) werden. Dies sollte erst unmittelbar vor der Verwendung erfolgen.
Die empfohlene mittlere Tagesdosis beträgt 3 g Droge (Einzeldosis 1 g). Anwendung zumeist als Tee oder Fertigarzneimittel, oft in Kombination mit anderen Präparaten (z. B. Fenchelfrüchten, Kamillenblüten).
Für einen Aufguß nimmt man 1-2 TL frisch zerstoßene Droge auf 1 Tasse kochendes Wasser; 15 Min. ziehen lassen, absieben und warm trinken.
Mit Koriander aromatisiert man viele Spirituosen, z. B. Karmelitergeist, Gin und den als Urahn des Gins geltenden holländischen (Oude) Genever. Koriander trägt zum Aroma von Anisspirituosen/Pastis bei (z. B. Pernod, Pastis Janot), ist in italienischem Vermouth (Martini, Cinzano) enthalten und verfeinert Liköre (z. B. Premier/Bols, Abteilikör). Schwedischem Aquavit (Ödakra Taffel Akvavit) werden Koriander und Fenchel zugesetzt. In vielen Kräuterschnäpsen (z. B. Alter Schwede, Danziger Goldwasser, Kartäuser) ist er sicherlich enthalten und in den meisten Geheimrezepten von Kräuterbittern dürfte er ebenfalls stehen (Boonekamp, Underberg). Ein in Griechenland beliebtes Destillat aus vergorenem Traubensaft, Koriander und Fenchel ist der Ouzo Sans Rival. Auch „Melissengeist“ enthält Koriander.
„Korianderwein“: 2-3 TL Korianderfrüchte zerstoßen und mit 1 Liter Rotwein ansetzen, 1 Woche im Kühlschrank ziehen lassen und absieben – geeignet als Aperitif für die Stunden zu zweit.
In Fertigtees sind Korianderfrüchte zumeist als Beimischung zur Abrundung von Geruch und Geschmack enthalten.
Rezept für einen Tee gegen Blähungen: Koriander-, Anis-, Fenchel- und Kümmelfrüchte zu gleichen Gewichtsteilen (oder 1:1:1:2) mischen und zerstoßen. 1 EL der Mischung auf 150 ml Wasser, 5-10 Min. ziehen lassen, täglich 1 Tasse ungesüßt zwischen den Mahlzeiten.
Die in volkstümlichen Heilbüchern empfohlene Verwendung des Korianderkrauts zur Teebereitung ist fraglich; Dosierung und Wirkungen sind nicht bekannt.
In früheren Zeiten hatte das Koriandergewürz in Mitteleuropa eine viel größere Bedeutung. Überzuckerte Früchte hießen ehemals „Hochzeits-“ oder „Aniskügelchen“. Vielfältiger verwenden lassen sich auch heute noch die zermahlenen Früchte, z. B. zu Backwaren (Brot, Lebkuchen, Magenbrot, Printen, Spekulatius, und in Gewürzmischungen (Wurst, Pasteten); man nimmt sie aber auch zu Fisch, Lamm- und Hammelfleisch, Gulasch, Saucen, Sauerkraut, Rotkohl, Rote Bete, Gurken, Pilzen, Käse, Salat, Kompott und Früchten (z. B. Pflaumenmus und Apfelbrei), Kohl und Hülsenfrüchten (Blähungen!).
Weltweit gesehen gehören die Korianderfrüchte noch immer zu den meistverwendeten Küchengewürzen. Beliebt sind sie in Lateinamerika und im Orient, vor allem aber im asiatischen Raum, z. B. als eines der Hauptgewürze in der indischen Küche und Bestandteil von Gewürzmischungen (Garam masala), vor allem Curry.
Über den Nutzen der Wurzeln und frischen Blätter (erdig-würziger, strenger Geschmack, ähnlich wie Petersilie und gewöhnungsbedürftig) sind die Meinungen geteilt: In Asien, Mittelamerika und Südwesteuropa nimmt man bevorzugt die unteren Blätter als Suppen-, Gemüse- und Salatgewürz. In vielen Schriften wird dagegen von einer Verwendung abgeraten. Frische Blätter verwelken rasch und nach der Trocknung verlieren sie ihr Aroma.
Korianderöl dient in der Parfümerie als Grundstoff für blumige Duftnoten wie z. B. Veilchen, Lavendelwasser, Chypre oder Nelkenblüte. Es ist vielen Körper- und Badeölen wie auch Duftlampenöl beigemischt.
Selbstgemachtes Rasierwasser: Korianderfrüchte in Alkohol einweichen.
Korianderfrüchte werden lichtgeschützt bei höchstens 25 °C gelagert. Die zerkleinerte Droge verliert sehr schnell an Geschmack. Ein intensiveres Aroma kann man nicht nur durch Zerstoßen der Früchte im Mörser, sondern auch durch Rösten erreichen (ohne Zugabe von Fett, z. B. in einer beschichteten Pfanne). Koriander läßt sich auch im Haus in Töpfen kultivieren. Die Bewohner sollten den wanzenähnlichen Duft der Pflanze aber nicht als unangenehm empfinden. Leonhart Fuchs (1543) meinte hierzu: „kein wanz kan nit so übel stincken als der grün Coriander.“
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Letzte Änderung: 11. Januar 2021
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)
Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2018): Koriander (Coriandrum sativum) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in Brunnen/Schweiz: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).
Bildnachweise
• Verbreitungskarte Coriandrum sativum: Euro+Med PlantBase Project. Botanical Museum, Helsinki, Finland 2018; Data from BGBM Berlin-Dahlem, Germany. Source: World Checklist of Selected Plant Families (2010), © The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew;
alle Fotos und Abbildungen:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg
Zitierte Literatur
→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)