Die formenreiche Gattung Capsicum besitzt lanzettliche Blätter, kleine weiße Blüten und Beerenfrüchte (im Volksmund: „Schoten“). Aus einer gemeinsamen Ursprungsart entstanden die beiden Hauptarten Chili und Paprika. Nach dem Verwendungszweck werden als „Paprika“ die Kulturformen des meist milden Gewürz- oder Gemüsepaprika C. annuum (siehe unter „Paprika“) und als „Chili“ die scharfen Sorten von C. frutescens benannt. Diese Grenzen sind jedoch fließend. So wird in der Schweiz auch der Gemüsepaprika als Peperoni oder Peperoncini bezeichet und auch C. annuum weist Sorten mit hohem Scharfstoffgehalt auf.
Capsicum frutescens ist mehrjährig, verholzt und bildet bis 2 m hohe Büsche. Blüten und Früchte (je Verzweigungsstelle 1-2, max. 4) stehen aufrecht. Die Scharfstoffe (Capsaicinoide) befinden sich im Inneren der Frucht vor allem in den Leisten (Placenta), an denen die Samen sitzen (und damit auch an den Scheidewänden und Samen).
Keine eigene „Art“ ist wohl C. chinensis. Sie bildet verholzte Büsche und stammt von C. frutescens-Pflanzen ab, die im 16. Jh. nach Afrika und Ostasien (China) verschleppt wurden. Kennzeichen sind ein hoher Capsaicingehalt (bewirkt die schärfsten Sorten, z. B. Habañeros, Scotch Bonnet) und eine große Variationsbreite der Fruchtfärbung (rot, orange, gelb, creme, braun). Die Abgrenzung ist schwierig (C.-frutescens-C.-chinensis-Aggregat). Bedeutung besitzen weiterhin C. baccatum, eine in Südbrasilien, Nordargentinien und Uruguay beheimatete Paprikaart mit ausschließlich scharfen Sorten und C. pubescens mit violetten Blüten und behaarten Blättern (Filziger Paprika: „Rocoto“) – die einzige eingeschränkt frostfeste Sorte (bis -5°C). In Kultur genommen wurden auch C. angulosum (Peruanischer Paprika) und C. conicum (Kolumbianischer Paprika).
C. frutescens ist ursprünglich eine tropische Art aus dem Amazonasgebiet.
Kolumbus lernte den Chili schon bei seiner ersten Entdeckungsreise im Januar 1493 in San Salvador kennen und hielt ihn irrtümlich für eine besondere Pfefferart. Von Spanien aus gelangte der „Spanische-” oder „Indianische Pfeffer” dann über Griechenland bis Bulgarien und Südrussland. Nach Ungarn kam er durch die Herrschaft der Türken, die diesen wiederum aus portugiesischen Stützpunkten erhalten hatten. Berühmt und begehrt wurde Chili ganz plötzlich im Jahre 1806, als Westeuropa durch die Kontinentalsperre Napoleons gegen Großbritannien von den Pfefferimporten abgeschnitten war und ungarischer „Paprika” als Pfefferersatz diente.
Weltweit ist die Pflanze rasch verbreitet worden. Über portugiesische Handelsstützpunkte in Westafrika gelangte sie auf den maritimen Handelswegen bis Indien, Thailand, Vietnam, Korea, China, Japan und auf die Philippinen. Linné beschrieb C. frutescens 1758 anhand von Pflanzen, die in Indien gesammelt worden waren.
Ihrer tropischen Herkunft entsprechend gedeihen die Chili-Arten im Freiland Mitteleuropas nur in sehr milden Gebieten nach vorheriger Anzucht; oft ist eine zusätzliche Abdeckung (Glas, Folie) erforderlich. Die Blütezeit liegt hier zwischen Juni und September).
In den Ursprungsländern mit subozeanischem Klima (hohe Luftfeuchtigkeit, mäßige Temperaturschwankungen) wachsen die Capsicum-Arten an hellen Standorten auf frischen, mäßig feuchten und nährstoffreichen Böden mit schwach saurem bis neutralem pH-Wert.
Die ehemaligen Hauptanbaugebiete (Mexiko, südliche USA) haben sich nach Asien (z. B. Indien, Thailand, China, Pakistan), West- und Ostafrika verlagert. Der bekannteste afrikanische Chili ist der höllenscharfe „pili-pili“ (Senegal, Guinea). Chili ist neben Pfeffer das weltweit beliebteste Gewürz.
Größere Anbaugebiete von Capsicum frutescens befinden sich in Europa vor allem in Südfrankreich, von Gemüsepaprika Capsicum annum in mehreren europäischen Ländern, in der Türkei, im Nahen Osten und in Nordafrika.
In Mitteleuropa werden die Pflanzen im Frühjahr vorgezogen und erst im Frühsommer nach Erscheinen der ersten Blüten ins Freiland umgesetzt (Pflanzabstand 40-50 cm, kleine Sorten 30 cm). Die Früchte können frisch oder getrocknet verwendet werden und lassen sich gut einfrieren.
Einige Sorten mit kleinen bunten Früchten sind auch als Zierpflanzen erhältlich.
Capsicum-Arten zählen in Europa zu den „kultivierten Neophyten” (eingeführt und angebaut nach dem Jahr 1500) und stammen in der Regel aus dem Anbau.
In Mittel- und Nordeuropa werden sie im Freiland nur selten verwildert angetroffen (hierbei handelt es sich zumeist um Gartenabfälle). Sie gehören hier nicht zu den besonders geschützten Pflanzenarten.
Chili wird wie auch der Paprika schon seit Jahrtausenden kultiviert. In der indianischen Medizin hatte Chili – auch rituell in Form des Schnupfpulvers – eine herausragende Bedeutung und war zudem das wichtigste Gewürz.
Für Wanderer und Skifahrer gibt es Chili-Pulver zum Auftragen auf die Füße, um diese warm zu halten. Die Polizei benutzt zur Abwehr von Angreifern sogenannte „Pfeffersprays“, die jedoch keinen Pfeffer (Piper nigrum), sondern Chiliextrakte mit Capsaicin enthalten. Solche Sprays können auch von Privatpersonen zur Verteidigung gegen beißende Hunde erworben werden.
Nicht erst in neuerer Zeit gibt es Chili („Paprikaextrakt mit Capsaicin“) als Bestandteil von Cremes, mit denen die Durchblutung und Reizempfindlichkeit im Genitalbereich gesteigert werden soll (ausreichende Forschungsergebnisse fehlen; bei wiederholter Anwendung könnten sensible Nerven geschädigt werden).
In ländlichen Gegenden bindet man Chilifrüchte zu einer Kette und hängt sie zum Trocknen auf. So auch in der Gegend von Espelette (Baskenland, Frankreich), wo sich jährlich am letzten Sonntag im Oktober Tausende von Besuchern zur Feier der „Pfefferschotenernte“ einfinden.
Der scharfe Geschmack von Capsicum wird – vergleichbar mit einem Thermometer – zumeist in „Schärfegraden” von 0 bis 10 (oder nach anderer Einteilung von 1 bis 120) ausgedrückt. Gemüsepaprika (C. annuum, bis 18 cm, in grün, rot, gelb oder orange) hat hierbei die Schärfe 0, während höllisch scharfe Chili-Sorten wie „Habañero“ (10) oder „Scotch Bonnet“ (9-10) den höchsten Schärfegrad erreichen. Rund 100 Arten bzw. Sorten lassen sich so einordnen, z. B. Delikatesspaprika (0-1), Edelsüß (1), Halbsüß, Anaheim, Kenyan (2), Poblano, Dutch (3), Pasilla, Thai (4), Rosenpaprika, Ancho (3-5), De Agua, Santa Fe (5), Chipotle, Jalapeño (6), Arbol, Fresno (7), Cayenne, Rawit (8), Tabasco, Santaka (9). Die schärfste aller Scharfen ist Red Seviña (eine Habañero-Züchtung). Mit dem Reifegrad nimmt auch die Schärfe zu; kleine Sorten sind meist schärfer als große und getrocknet sind sie schärfer als frisch.
Zur Bestimmung der Schärfe ist gleichfalls die „Scoville-Skala” gebräuchlich, wobei fehlende Schärfe dem Scoville-Grad „0” entspricht und reinem Capsaicin der Grad von 16 Millionen zugeordnet ist (d. h. 1 ml Capsaicin erfordert eine Verdünnung mit 16.000 Liter Wasser, um keine Schärfe mehr festzustellen). Weitere Möglichkeiten zur Schärfe-Skalierung bieten die „Pepper Hotness Scale” und chromatographische Verfahren (HPLC).
In Mexiko und Nordamerika heißen die Capsicum-Arten chili (Mz. chilies; engl. chilli, chillies); im französischen Sprachgebrauch nennt man die besonders scharfen Sorten „cayenne“ und in Mitteleuropa ist „Paprika“ oder „Cayennepfeffer“ gebräuchlich. Cayenne ist die Hafenstadt der Teufelsinseln in Guayana mit einer berüchtigten Strafinsel – doch Chili hat man hier noch niemals exportiert.
Wirksame Inhaltsstoffe der Früchte sind Capsaicin und weitere Capsaicinoide. Diese Scharfstoffe entstehen in Drüsenzellen der Placentaepidermis und werden dort zusammen mit ätherischem Öl in kleinen öligen Tröpfchen abgeschieden, die auskristallieren und sich unterhalb der Kutikula ablagern. Im „Cayenne“ sind sie beispielsweise zu 0,6-0,9 % enthalten. Capsaicin wird auf der Zunge noch in einer Verdünnung von 1 : 200.000 wahrgenommen. Enthalten sind außerdem Flavonoide, verschiedene Carotinoide (z. B. Capsanthin) und viel Vitamin C.
Bei der Anwendung entsteht kurzzeitig ein vermehrtes Schmerz- und Wärmegefühl, das anschließend in eine Dämpfung von Juckreiz- und Schmerzempfinden übergeht. Capsaicinoidhaltige Zubereitungen sind lokal durchblutungssteigernd, schmerz- und juckreizlindernd. Durch größere Mengen Capsaicin werden Speichel- und Magensaftsekretion wie auch Magen- und Darmperistaltik gehemmt (durch kleinere Mengen gefördert). Weitere Wirkungen sind entzündungshemmend (durch Unterdrückung der sogenannten neurogenen Entzündungsreaktionen) und je nach Anwendung und Anwendungsdauer auch lokal nervenschädigend (siehe unter Forschung).
Da Zunge und Gaumen nur süß, salzig, sauer und bitter schmecken können, wird der Sinneseindruck „scharf“ nicht mit Geschmackszellen, sondern mit Schmerzrezeptoren wahrgenommen. Freie Endigungen des Nervus trigeminus übertragen den Reiz an die Nasenschleimhäute und es wird Nasenschleim und Tränenflüssigkeit freigesetzt. Die Scharfstoffe bewirken außerdem eine verstärkte periphere Durchblutung und damit eine vermehrte Wärmeabgabe (verstärktes Schwitzen nach dem Genuß von scharfen Speisen).
Capsaicinoide verursachen selbst in geringen Mengen auf empfindlicher oder geschädigter Haut, Schleimhaut und vor allem in den Augen einen brennenden Schmerz. Sie sind in Alkohol leicht und in Wasser nur sehr schwer löslich; eine Spülung oder das Trinken von Wasser schafft daher keine Linderung.Hilfreich und schnell erreichbar sind im Notfall kaltes Pflanzenöl oder Backfett für Hautpartien und ansonsten Flüssigkeiten, die Fett enthalten (z. B. Milch, Kefir, Joghurt). Keine zusätzliche Wärmeanwendung! Hände gründlich mit Seife waschen! Guten Schutz bieten dünne Latex-Handschuhe.
Die Folgen eines Mißbrauchs von Capsaicin (z. B. Überdosierung von scharfem Paprika als Gewürz) sind Appetitlosigkeit, chronische Gastritis, Nieren- und Leberschädigung. Capsaicin in giftiger (toxischer) Dosis bewirkt Symptome wie bei einem allergischen (anaphylaktischen) Schock und ein Absinken der Körpertemperatur (Hypothermie) mit Todesfolge.
Arzneidroge: Capsici fructus (Paprika, Capsicum frutescens oder P. annuum) mit einem Mindestgehalt an Capsaicinoiden von 0,4 %; früher auch „Capsici fructus acer“ (Cayennepfeffer).
Die capsaicinreichen (scharfen) Capsicum-Arten werden bei schmerzhaften Muskelverspannungen im Schulter-, Arm- und Wirbelsäulenbereich bei Erwachsenen und Schulkindern angewendet.
Weitere Indikationen für eine äußerliche Anwendung sind nach neueren klinischen Studien aufgrund lokal durchblutungssteigernder, schmerz- und juckreizlindernder Wirkungen u. a. Gelenkerkrankungen, Rheuma, Schuppenflechte und bestimmte Krankheiten der Nervenzellen.
Hinweis: Die beschriebenen Verwendungen und Dosierungen beziehen sich auf therapeutische Anwendungen d. h. als Arzneidrogen (nicht als Gewürz).
Capsaicinreiche (scharfe) Capsicum-Arten werden nur äußerlich angewendet! Man nimmt die getrockneten Früchte (bei Cayennepfeffer: reife Früchte von C. frutescens) und deren Zubereitungen als Tinktur, Salbe oder Pflaster.
Dosierung: 0,02-0,05 % Capsaicinoide in halbfesten und 0,005-0,01 % in flüssigen Zubereitungen entsprechend 10-40 µg/cm3 in Pflastern. Anwendungsdauer nicht länger als 2 Tage, vor einem erneuten Auftragen an derselben Stelle 14 Tage Wartezeit.
In der Volksheilkunde dient Chili äußerlich auch bei Kreislaufstörungen in den Extremitäten, „Muskelkater“, Frostschäden und Brustfellentzündung. Von einer innerlichen (therapeutischen) Anwendung wird abgeraten. Traditionell erfolgt diese oft dennoch, z. B. als schweiß- und harntreibendes Mittel, zur Steigerung der Resistenz bei Infektionskrankheiten, Förderung der Darmperistaltik und Appetitanregung.
Scharfer Paprika dürfte als „typisch mexikanisches“ Hauptgewürz in Sangrita und Sangrita picante enthalten sein. Dieser „herzhaft feurige Drink“ (u. a. mit Tomaten-, Orangen-, Zitronensaft) hat sich in den letzten Jahren in vielen Bars und Diskotheken zu einem „Kultgetränk“ entwickelt. Er brennt zwar leicht im Hals (wie hochprozentiger Alkohol), macht aber nicht betrunken und auch die Fahrtüchtigkeit bleibt erhalten.
Als Gewürz dienen die Sorten in verschiedenen Formen, z. B. scharfer Cayennepfeffer (meist ein fein gemahlenes Gemisch mehrerer scharfer Sorten oder auch reiner Cayenne-Chili), Tabasco-Sauce (fermentierter Tabasco-Chili mit Essig und Salz), Salsa (äußerst scharfe mexikanische Sauce), chinesisches Chili-Öl (Chili in Pflanzenöl erhitzt) und Chili-Paste (Püree unterschiedlicher Schärfegrade in Tuben oder Dosen). Die typische „Chilisauce“ ist eine Tomatensauce mit Zwiebeln und Paprika, doch wird im Handel eine Fülle von Paprika- und Chilisaucen wie auch Gewürzmischungen mit den unterschiedlichsten Rezepturen angeboten (z. B. Sambal Oelek). Chili ist einer der unverzichtbaren Bestandteile von Currypulver. In Mitteleuropa gehandelte „Chili-Gewürze“ enthalten überwiegend Ancho- oder Pasilla-Chilipulver und oft Anteile weiterer Gewürze, z. B. Kreuzkümmel und Oregano, auch Piment, Salz, Zwiebel- oder Knoblauchpulver. Eine berühmte, aus Texas stammende Speise ist das scharfe „Chili con carne“: (Hack-)Fleisch mit weißen Bohnen und verschiedenen Chili-Sorten.
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Letzte Änderung: 18. Februar 2021
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: z. Z. in Arbeit (2021)
Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2018): Chili (Capsicum frutescens, Capsicum annuum, Capsicum sp.) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in Brunnen/Schweiz: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).
Bildnachweise
• Verbreitungskarte Capsicum annum: Euro+Med PlantBase Project. Botanical Museum, Helsinki, Finland 2018; Data from BGBM Berlin-Dahlem, Germany. Source: World Checklist of Selected Plant Families (2010), © The Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew;
alle übrigen Fotos:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg
Zitierte Literatur
→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)