Der etwa 15 bis 30 cm hohe Bitterklee ist eine ausdauernde Sumpf- und Wasserpflanze mit einem kriechenden, bis zu 3 m langen und 15 mm dicken Wurzelstock (Rhizom). Dieser wächst horizontal, ist grün und hat keine einheitliche Hauptachse (= sympodiale Verzweigung). Im Längsverlauf besitzt er 15 bis 20 cm lange vertikale Adventivwurzeln.
Blätter und Blüten befinden sich oberhalb der Wasserfläche: Die Rhizome verlängern sich in 7 bis 20 cm hoch aufsteigende, hohle Stengel, an deren Basis schuppenförmige Niederblätter sitzen. Weiter oben tragen sie langstielige, an ein Kleeblatt erinnernde dreiteilige Laubblätter mit stängelumfassender Scheide in wechselnder Anordnung.
Noch vor der Blattentfaltung wächst im zeitigen Frühjahr (April/Mai) aus der Endknospe des Rhizoms, die anschließend als Seitenknospe weiter wächst, ein langgestielter und blattloser Blütenstand (dichtblütige Traube). Die breit glockenförmige Blütenkrone (ca. 15 mm Durchmesser) besitzt fünf zurückgeschlagene, bärtige Blütenblätter, außen rosa und innen blasser oder weiß. Ihre Innenfläche ist dicht mit weißen Haaren bedeckt, die offenbar kleine Insekten abhalten sollen („Sperrhaare”). Anordnung und Länge des Stempels variieren (verschiedengrifflig; Heterostylie).
Die eiförmigen, bis 10 mm langen Kapselfrüchte springen im reifen Zustand zweiklappig auf und entlassen im Juli/August bis zu 23 schwimmfähige Samen. Ausgereift sind sie orange-braun, glänzend, gerundet und leicht zusammengedrückt.
Als weitere Art der Fam. Menyanthaceae (Fieberkleegewächse) zählt in Mitteleuropa die Europäische Seekanne (Nymphoides peltata). Sie ist ebenso wie der Bitterklee eine Wasserpflanze mit kriechendem Wurzelstock und im Freiland besonders geschützt. Als Zierpflanze sind jedoch beide Arten – die oft in Gartencentern und Baumärkten angeboten werden – als Uferbepflanzung in Garten- und Parkteichen anzutreffen.
Nahe verwandt mit der nur den Bitterklee umfassenden Gattung Menyanthes ist die Gattung Gentiana (früher war auch Menyanthes der Familie Enziangewächse = Gentianaceae zugeordnet). Einheimische Heilpflanzen der Enziangewächse sind u. a. der Gelbe Enzian (Gentiana lutea) und das Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea).
Heimisch ist der Bitterklee auf der Nordhalbkugel, wo er zircumpolar in den gemäßigten Zonen Europas, Asiens und Nordamerikas vorkommt (eurasiatisch-nordamerikanisch). In Europa erstreckt sich die südliche Hauptverbreitung etwa von der Mitte Portugals über Südfrankreich und Norditalien bis Griechenland; in Asien dann über den Kaukasus bis Japan und in Nordamerika von Kalifornien bis Virginia. Weiter nördlich und südlich wie auch in Höhenlagen (meist bis ca. 1.500 m, in wärmeren Gebieten bis 2.400 m, in der Sierra Nevada bis 3.200 m) ist das Vorkommen klimatisch begrenzt. Im Norden ist die Art in Alaska, Grönland, Norwegen und Sibirien anzutreffen.
Im Winter sterben die Blätter ab und das Rhizom ist vielfach untergetaucht. Im Frühjahr beginnt das Wachstum mit einer Verlängerung des Blütentriebes und dem Austreiben der Blätter.
Vegetativ vermehrt sich der Bitterklee durch Verzweigung und nachfolgendes Absterben der älteren Teile des Rhizoms. Die Tochterpflanzen können verdriften und an anderer Stelle eine neue Population begründen. Ebenso entwickeln sich neue Pflanzen auch aus abgetrennten Rhizomstücken.
Die Pflanze gedeiht in sonniger oder halbschattiger Lage in flachen stehenden Gewässern, Sümpfen und sumpfigen Wiesen mit Staunässe, Flachmooren und Randbereichen von Hochmooren, Torfstichen, Bruchwäldern und Gräben von der Ebene bis hinauf in die alpine Stufe (1.800–2.400 m), kann aber auch in Verlandungs- und Stillwasserzonen von Fließgewässern vorkommen (z. B. in Altarmen). Typische Böden (Gewässergrund oder Nassböden) sind Gley und Torf, d. h. kalkarm (pH-Wert schwach sauer bis neutral: 4,5–7,5; optimal bei etwa 5,5) und nährstoffarm.
Manche Gärtner kommen beim Bitterklee aus mehreren Gründen „ins Schwärmen”, denn die Pflanze ist nicht anspruchsvoll, dafür jedoch robust und widerstandsfähig, winterfest, bekommt fast keine Krankheiten, wird nicht von Schädlingen (z. B. Schnecken) befallen, benötigt wenig Pflege und ist zudem noch leicht vermehrbar. Da spielen die wenigen Nachteile fast keine Rolle: kalkempfindlich, kleinwüchsig mit relativ kurzer Blühdauer und recht hilflos gegen Verdrängung durch Hochstauden und Röhrichte (Hurck 2020).
Die Vermehrung erfolgt im Frühjahr zumeist durch Triebstecklinge oder Wurzelsprosse. Bei Samen (die nicht austrocknen dürfen) ist es sinnvoll, die lange Keimdauer durch ausreichendes Entfernen der harten Schale zu umgehen. Wird der Embryo auf diese Weise mit Wasser benetzt, keimt er innerhalb von 10 bis 14 Tagen.
Im Sommer werden die Blätter mitsamt dem Stiel geerntet und an der Luft getrocknet.
In Deutschland gehört der Bitterklee zu den „geschützten” und in Österreich zu den „gefährdeten” Pflanzenarten. Sein Lebensraum wurde durch Entwässerung von Gräben, Sümpfen und Mooren eingeschränkt. Die Loki-Schmidt-Stiftung kürte den Fieberklee (= Bitterklee) zur „Blume des Jahres 2020“ (Hurck 2020).
In Mitteleuropa ist Bitterklee z. B. mit Sumpfdotterblume (Caltha palustris), Pfeilkraut (Sagittaria sagittifolia) oder Sumpf-Veilchen (Viola palustris) vergesellschaftet. An neu entstandenen Wasserflächen zählt er zu den frühen Pionierpflanzen und kann die Wasseroberfläche an geeigneten Standorten dicht bedecken. Schreitet die Sukzession fort, wird er oft durch höherwachsende Pflanzen verdrängt, z. B. Blut- und Gilbweiderich (Lythrum salicaria, Lysimachia vulgaris), Mädesüß (Filipendula ulmaria), Kalmus (Acorus calamus) oder Sumpf-Schwertlilie (Iris pseudacorus).
Die Bestäubung erfolgt überwiegend durch Hummeln und Bienen. Besucht wird die Pflanze auch von Schmetterlingen, verschiedenen Zweiflüglern (Diptera, z. B. Fliegen) und Käfern. Rinder und Schafe meiden den Bitterklee.
In der Volksmedizin wurde der Bitterklee innerlich zur Appetitanregung, bei Magen- und Darmbeschwerden, zur Behandlung von Galle-, Leber- und Lungenleiden, Wassersucht, Gicht, Migräne, Muskelschmerzen, Hypochondrie, Menstruationsbeschwerden, zur Blutreinigung und gegen Fieber verwendet (Name „Fieberklee“). Wegen seines hohen Gehalts an Vitamin C diente das Kraut als Mittel gegen Skorbut („Scharbocksklee“ von lat. scorbutus) und in der schwedischen Volksmedizin gegen Nierenentzündungen.
Äußerlich angewendet behandelte man Hautausschläge, Flechten, Ekzeme, Muskelschmerzen und Trigeminus-Neuralgien (Gesichtsneuralgie) mit Umschlägen.
Der Bitterklee wurde auch Speisen und Getränken zugesetzt. In Lappland mischte man gemahlene Wurzelsprosse unter den Brotteig und die Blätter dienten als Hopfenersatz zum Würzen von Bier (Hurck 2020). Das Schwarzfärben von Wolle erfolgte in Lettland mit Bitterklee unter Verwendung von Eisenbeize.
Den Namen „Menyanthes” für den Bitterklee wählte Linné nach griech. „men” (Monat) und „anthos” (Blüte) – „Monatsblüte” bezieht sich entweder auf die Blühdauer – diese kann jedoch auch länger als einen Monat andauern – oder auf eine Anwendung bei Menstruationsbeschwerden. Der wissenschaftliche Artname „trifoliata” leitet sich von lat. „tri” (drei) und „foliatus” (beblättert) ab. „Klee” bezieht sich auf die dreizählig gefingerte Blattform.
Hauptkomponente ist der zu den Secoiridoidglykosiden gehörende Bitterstoff Dihydrofoliamenthin, daneben auch Menthiafolin und das Iridoidglykosid Loganin (Menyanthin). Weitere wichtige Inhaltsstoffe von Blättern und Stängeln sind Flavonoide (u. a. Rutin, Hyperosid), Phenolsäuren (u. a. Chlorogensäure, Sinapinsäure), Cumarine (u. a. Scopoletin) und Triterpene (u. a. Betulinsäure) sowie geringe Mengen Pyridinalkaloide (Gentianin und Gentianidin). Erwähnenswert ist der hohe Gehalt an Vitamin C, Gerb- und Mineralstoffen. Das Rhizom dient als Speicherorgan und ist reich an Kohlenhydraten.
Hinweise auf die entzündungshemmende Wirkung der Inhaltsstoffe Dihydrofoliamenthin und Loganin wären eine Erklärung für die volkstümliche Anwendung bei Nierenentzündungen (Glomerulonephritis).
Der methanolische Wurzelextrakt scheint bessere entzündungshemmende, antioxidative, antimikrobielle und DNA-schützende Eigenschaften zu haben als der Extrakt aus Blättern und Blattstiel (in-vitro). Kowalczyk et al. (2019 a) führten diese Unterschiede in den biologischen Eigenschaften auf den höheren Gehalt der Wurzel an ausgewählten Phenolverbindungen und Betulinsäure zurück (Details zu Betulinsäure: siehe unter „Birke”). Die entzündungshemmende und DNA-schützende Wirkung soll auf eine Verringerung der Expression ausgewählter Gene zurückzuführen sein, die für entzündungsassoziierte Zytokine kodieren. Die antibakterielle Wirkung (besonders gegen Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli) war stärker als die antimykotische (= Hemmung des Pilzwachstums, besonders von Candida albicans). Die Extrakte scheinen gleichfalls zytotoxische Wirkung gegen Gliomzellen (Glioblastom = Hirntumor) aufzuweisen und wären als vielversprechendes Antikrebsmittel anzusehen (Kowalczyk et al. 2019 b).
Bitterklee wird als „schwach giftig“ bezeichnet. Probleme können bei unsachgemäßer Überdosierung auftreten (z. B. Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall). Von der innerlichen Verwendung des Bitterklees bei Magengeschwüren ist abzuraten. Es fehlen Erfahrungen zur Anwendung bei Kleinkindern und während der Schwangerschaft.
Arzneidroge: Menyanthidis folium (Bitterkleeblätter)
Die Anwendung erfolgt als Bittermittel bei Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden und Reizmagen, Völle- und Druckgefühl und Gallebeschwerden.
„Genaue toxikologische Daten liegen für beide Drogen [= Blatt und Rhizom] nicht vor. Klinische Studien sind nicht verfügbar, so dass eine Anwendung der Blatt- und Rhizomdrogen bzw. von Extrakten – abgesehen von der Verwendung bei Appetitlosigkeit und Verdauungsbeschwerden im Sinne eines „traditional use“ – nicht empfohlen werden kann.” (Latté 2020).
Es gibt keine Hinweise, dass Bitterklee gegen Fieber helfen soll. Der Name „Fieberklee” könnte darauf zurückzuführen sein, dass Bitterdrogen wie Chinin (aus Chinarinde, Cinchona officinalis) in früheren Zeiten zur Fiebersenkung verabreicht wurden.
Verwendet werden die frischen oder getrockneten oberirdischen Teile der Pflanze oder deren Zubereitung.
Die zerkleinerten Blätter dienen zur Herstellung von Aufgüssen oder bitterschmeckenden Zubereitungen zur innerlichen Anwendung.
Als mittlere Tagesdosis werden 1,5 bis 3 g Droge empfohlen; Faustregel für eine Tasse Bitterklee-Tee (150 ml): 1 Teelöffel sind etwa 0,9 g getrocknete Blätter); Zubereitungen entsprechend. Getrunken wird er zur Appetitanregung eine halbe Stunde vor der Mahlzeit und zur besseren Verdauung nach dem Essen.
Homöopathisch soll die frische, blühende Pflanze bei Nerven- und Kopfschmerzen, Gesichtsneuralgie, Ohrensausen und Muskelzucken helfen.
Die Bitterstoffe des Bitterklees verwendet man bei der Herstellung von Branntweinen, Magen- und Kräuterbittern, Kräuterlikören und Aperitifs (z. B. Boonekamp).
Zur Herstellung von Bitterklee-Tee übergießt man einen Teelöffel feinzerschnittene Bitterkleeblätter mit ca. 250 ml kochendem oder kaltem Wasser. Nach kurzem Aufkochen (ca. 1 Minute) durch ein Teesieb abgießen. Der Tee wird in kleiner Menge (1/2 Tasse) und schluckweise vor den Mahlzeiten und vor allem ohne Zucker getrunken, um die Wirkung nicht zu beeinträchtigen.
Für einen weniger bitteren Tee empfiehlt sich eine Mischung aus Bitterkleeblättern (ca. 15 g), Pfefferminzblättern (10 g) und Tausengüldenkraut (ca. 5 g): 1 Teelöffel dieser Mischung auf 250 ml kochendes Wasser und 5 Minuten ziehen lassen.
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Letzte Änderung: 8. Januar 2021
Letzte inhaltliche Änderung/Überprüfung: 8. September 2020
Zitierweise:
Pelz, Gerhard Rudi & Birgitt Kraft (2020): Bitterklee (Menyanthes trifoliata) – in: Kräuter-ABC, Website der Stiftung zur internationalen Erhaltung der Pflanzenvielfalt in Brunnen/Schweiz: www.kraeuterabc.de (abgerufen am ……).
Bildnachweise
• Zeichnung in „Kräuterbeschreibung”: aus Köhler (1897);
• Zeichnungen zur Samenkeimung: nach Hewlett (1964), neu gezeichnet;
alle weiteren Fotos:
© Dr. Gerhard Rudi Pelz, Petersberg
Zitierte Literatur
→ Standardwerke, Lehrbücher und weiterführende Literatur finden Sie im Literaturverzeichnis (home-Seite oder (http://www.kraeuterabc.de/literatur/)
Hewlett, D. G. (1964/2020): Menyanthes trifoliata L. – Journal of Ecology 52 (3): 723–735; www.jstor.org/stable/2257858; online 2020: doi.org/10.2307/2257858.
Hurck, S. (2020): Menyanthes trifoliata – Fieberklee (Menyanthaceae), Blume des Jahres 2020. – 9 Seiten, Bochumer Botanischer Verein (www.botanik-bochum.de).
Köhler, Franz Eugen (1897): Köhler’s Medizinal-Pflanzen in naturgetreuen Abbildungen mit kurz erläuterndem Texte; Hrsg. G. Pabst – Band II. Public Domain, via Wikimedia Commons (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Koeh_225.png).
Kowalczyk, T. et al. (2019 a): An Evaluation of the DNA-Protective Effects of Extracts from Menyanthes trifoliata L. Plants Derived from In Vitro Culture Associated with Redox Balance and Other Biological Activities. – Oxidative Medicine and Cellular Longevity, Article ID 9165784; 13 S.; doi.org/10.1155/2019/9165784.
Kowalczyk, T. et al. (2019 b): Induction of apoptosis by in vitro and in vivo plant extracts derived from Menyanthes trifoliata L. in human cancer cells. – Cytotechnology 71: 165–180; doi.org/10.1007/s10616-018-0274-9.
Latté, K. P. (2020): Menyanthes trifoliata L. – der Fieberklee. – Zeitschrift für Phytotherapie 41 (02): 101–108; toi: 10.1055/a-0899-6253.